A Trip to Wonderland (to Pakistan)
Unfassbar, aber wahr! Ich bekam die Möglichkeit, an der Tour of the Himalayas teilzunehmen. Ich zögerte nicht lange und sagte zu.
Die Tour of the Himalayas (TOH) ist ein 3-tägiges Mountainbike-Etappenrennen. Sechs internationale und drei pakistanische Teams mit insgesamt 35 professionellen und semi-professionellen Fahrern wurden von der Organisation KTM (Kaghan Memorial Trust) zu diesem Rennen eingeladen.
Am 13.09.2011 ging das Abenteuer los: von Düsseldorf über Manchester nach Islamabad und schließlich war Kaghan Valley das erste Ziel in Pakistan. Der Ort liegt auf 2300 Metern.
Am 14.09.2011 habe ich für 30 Minuten noch die Beine auf meinem MTB bewegen, bevor es weiter ging
Auf holprigen, oft schmalen „Straßen“ ging es dann nach Naran (2500hm). Während der 60km langen Fahrt, die ungefähr drei Stunden dauerte, konnte ich mich dann mit meiner Teampartnerin Lisa Pleyer (Österreich) unterhalten. Wir starteten für das Team Eurasien, was nun die perfekte Überleitung ist, euch mal das Rennen und die Teams vorzustellen.
Teams:
Jedes Team besteht aus maximal 5 Teilnehmern und wenn möglich aus einer Nation.
Team Great Britain: mit Matt Page, Rickie Cotter, Mel Alexander Mark Spratt und Robert Friel
Team Slovakia: Martin Haring, Zuzana Vojtasova, Peter Kosut, Martin Frano and Livia Hanesova
Team Holland: Ranhilde Luttenberg, Irjan Luttenberg, Remko Kramer, Kin van de Belt und (Immanuel) Miel Barkmeijer
Team Dennmark: Lone Sand, Tim Lorentzen, Henrik Soeberg, Line Brun Stallknecht
Team World United: Taryn Laurie (South Africa), Nathaln Dahlberg (New Zeeland), Altansukh Altanzul (Mongolei), Adam Glendinning (Canada)
Team Eurasia: Lisa Pleyer (Austria), Ulziibaatar Jamsran (Mongolei), Ismael Saeed (Pakistan/Australien), und mir Pierre Bischoff (Germany)
Team Pakistan: Cathy Zieglinski (Canada), Mohammad Sabir, Mohammad Ibrahim, Nisar Ahmed
Team Khybar Pakhtunkhwa: Steffi Hadrascheck-Jochem (Deutsch), Abdullah Aslam, Sarmad Shabab, Rabnawaz All Khan (alle Paksitan)
Team Sui Southern Gas Company Limited (Sponsorteam) Habibullah, Murad Ali, Asif
Gewertet werden die ersten zwei Männer und die erste Frau. Daraus ergibt sich dann eine Teamwertung.
Desweiteren gibt es noch eine Individualwertung der einzelnen Fahrer, wobei die jeweilige Etappenzeit aufaddiert wird, um am Ende der drei Etappen einen Solo-Gesamtsieger zu ermitteln.
15.09.2011 1. Etappe Start war in Jalkhad auf 3100 Metern Höhe. Um kurz nach11Uhr war dann Start und ich hab wegen der nicht vorhandenen Akklimatisierung beschlossen, die heutige Etappe mit meiner Teamkollegin Lisa zu fahren. Von Anfang an fuhr sie sehr forsch, sodass ich zum Teil kämpfen musste, um ihr ein gescheiter Tempomacher zu sein. Und dann diese komischen Straßen: Steinwege mit Bächen, mit Matsch und nur bergauf. Schließlich galt es bei der 58KM langen Etappe ca. 1400HM zu bewältigen.
Mein Körper fühlte wohl, dass irgendwas anders war. Immer wenn ich auf meine Pulsuhr schaute, stand da irgendwas um 150-160. Mehr ging nicht. Doch zum Glück war es gerade noch schnell genug für Lisa. Bei herrlichem Sonnenschein und schneebedeckten Bergen ging es rauf auf etwas über 4000hm. Wahnsinn! Die Beine, der Kopf, alles wird auf einmal müder und dann gleich die holprige Strecke, die wir hoch gefahren sind wieder runter. Kaum oben angekommen und ab ging die Post auf eine rasante, sprunghafte Abfahrt, die leider nicht für jeden glimpflich verlief. So ist zum Beispiel ein Mitfavorit aus dem holländischen Team schwer gestürzt und konnte wenigstens noch die Etappe beenden. Lisa und ich fuhren gemeinsam auf Position 11 und 12 über die Ziellinie. Heute war ich dann der zweite Mann aus Eurasien. Mit knapp 30 Minuten Vorsprung gewann der Slowake Martin Haring, der direkt seine Favoritenrolle als Weltcupteilnehmer diverser MTB-Rennen unterstrich.
16.09.2011 2.Etappe
Morgens fühlte ich schon, dass es heute ein komischer Tag wird. Denn mein Magen schien das würzige Essen nicht gut zu vertragen. Ständig blähte sich mein Magen auf und naja, weitere Ausführungen verkneife ich mir jetzt. Als zusätzliche Belastung mussten wir dann noch auf Jeep Safari gehen. Denn zu dem See, wo unser heutiges CC-Rennen stattfinden sollte, kann man nur mit einem Jeep anreisen. Und es war wirklich heavy. Doch die 800hm von Naran rauf zum See wollte ich nicht als Vorbelastung fahren, so wie es einige (klugerweise) getan haben. Denn auf dem MTB wurde man nicht so wild durchgeschaukelt wie in einem fast mit Slick bereiftem Jeep.
Startfrei: Der achtmal zu umrundende 6 km lange Kurs um den See auf 3300 Meter Höhe mit 70hm pro Runde war für mich sehr technisch. Es mussten richtige steinige Passagen bewältigt werden, wo ich an einem Bergaufstück manchmal absteigen musste. Natürlich verlor ich durch diese technischen Bereiche viel Zeit, doch hatte ich noch weitere Probleme. Denn von Beginn an ging es meinem Magen überhaupt nicht gut und ich war gedanklich mehr mit meinem Magen als mit der Strecke beschäftigt.
Dadurch, dass ich nicht sonderlich auf die Strecke konzentriert war, kam natürlich prompt ein Fahrfehler. Als ich in ein Flussbett reinfahren musste, vergaß ich das Rad anzulupfen und ich lag dann kopfüber im kalten Fluss. Diese kalte Dusche bewirkte wenigstens wieder ein bisschen Konzentration.
Drei Runden vor Schluss bin ich dann total demotiviert worden, als der führende Slowake mich überrundete und ich nicht ansatzweise mithalten konnte. Außerdem bekam ich wohl aufgrund der Höhe erneut Konzentrationsprobleme und meine Beine fühlten sich ständig leer an, obwohl ich nur mit einem 150er Puls unterwegs war.
Bei der Abfahrt über Steinpassagen und Wiesen übersah ich dann anscheinend einen Stein, weshalb ich mich mit knapp 30km/h einmal kopfüber überschlagen habe. Während ich den fliegenden Holländer machte, habe ich auf dem Rücken liegend noch im Flug mein Rad „weggetreten“, sodass ich mich bis auf ein paar Schürfwunden und später blaue Flecken kaum verletzte.
Leicht demotiviert musste ich dann noch zwei Runden bewältigen, wo ich dann natürlich noch von einem Konkurrenten überholt wurde. Dennoch finishte ich das Rennen.
17.09.2011 3. Etappe
Last Stage: Was für ein Luxus! 11Uhr Start und wir brauchen gerade mal 20Minuten mit dem Rad zum Start. Die Strecke heute ist ein reines Bergzeitfahren mit zwei kurzen Runden auf der Bergspitze, sodass eine Renndistanz von 20 km erreicht wird mit knapp 1400hm. Der Start war an der KMT Schule, sodass dort eine - für pakistanische Verhältnisse - Volksfeststimmung entstand. Die Kinder empfangen uns alle mit großem Applaus, als wir den Berg zum Start runter fuhren.
Natürlich haben wir Athleten uns Zeit gelassen, sodass unser Start dann auch erst um 11:30 Uhr erfolgte, was später noch zu „Problemen“ führen sollte.
Startfrei. Ich wollte heute mal als letzter über die Startlinie, da ich noch nicht wusste, wie mein Körper auf die Belastung reagiert. Auf den ersten Metern merkte ich jedoch, dass hier auf 1700Meter Starthöhe durchaus was gehen könnte. So entschloss ich mich, sofort ein bisschen zu pushen und konnte zügig zur zweiten Spitzengruppe aufschließen. Vorne waren die „üblichen“ Verdächtigen direkt losgebrettert, sodass ich dann meinen Rhythmus fahren konnte.
Bis zur Hälfte des Bergstückes ging alles prima. Mein Puls ging das erste Mal sogar bis 170 Schläge rauf. Die Temperaturen jenseits der 30 Grad machten mir auch nicht viel zu schaffen, da es alle 3km fliegende Wasserstationen gab. Am Hotel (dort war Halbzeit) jedoch wurde die Strecke um einiges steiniger und mein Puls fing schon wieder an, sich merkwürdig zu verhalten. Er sackte mal wieder in den Keller, sodass ich nicht mehr über 155 Schläge kam. Zwischendurch hinter Position 4 liegend musste ich dann zwei Mitstreiter „kampflos“ an mir vorbeiziehen lassen. Mist. So ein Höhentrainingslager bringt wohl doch was. Und als weiteres Problem kam hier nun das Wetter hinzu. Es fing nämlich an zu nieseln. Desto weiter es dann nach oben ging, desto schlimmer wurde das Wetter.
Als ich endlich am Top angekommen war, fing es an mit etwa 2cm dicken Hagelkörnern auf uns einzuschlagen. Zum Glück hatte ich eine Regenjacke mitgenommen, sodass ich mir diese in „Ruhe“ oben angezogen habe. Schnell wollte ich noch die zwei Runden auf leicht welligem Terrain beenden, um sofort wieder nach unten fahren. Kurz vor meiner Zieleinfahrt fiel mir dann auf, das mein Teamkollege unweit entfernt von mir fuhr. Ich wollte mit ihm dann zusammen ins Ziel einfahren und wartete kurz vor Ziel mit ausgestreckter Hand. Was machte mein Teamkollege, er zog das Tempo an und übersprintete mich. Gut, so war ich mit einer Sekunde Rückstand dann „nur“ noch Achter. Im Ziel wollten mich dann die Veranstalter ins Zelt locken, doch war mir jetzt schon so kalt, dass ich einfach nur sofort wieder runter zum Hotel wollte. Wie ich später erfuhr, standen oben im Zelt diverse Fahrer mit Jacken von den Organisatoren und den Presseleuten, da die meisten nur noch zitterten.
Auf dem Weg nach unten traf ich unter anderem Steffi. Sie fuhr die zwei Kreisrunden oben über eine 10cm dicken Hageldecke. Und das, obwohl sie nur 15Minuten langsamer war als ich.
Bei der Abfahrt zum Hotel nahm ich dann jeden Bergabfluss als Wegweiser. Denn dort, wo das Wasser leicht laufen kann, kann auch mein Rad leicht laufen. Mit richtigen Zitterattacken habe ich dann irgendwie das Hotel sturzfrei erreicht und mich auf eine kalte Dusche freuen dürfen.
Am Abend gab es dann die offizielle Afterraceparty. Hierfür hat man extra ein riesiges Zelt aufgebaut mit einer Bühne, zig Tischen, Livecookingstation, Liveband und vielem mehr. Natürlich war die Presse wieder vor Ort, sowie die Minister für Tourismus/Sport, Industrie und Vertreter diverser Sponsoren. Zunächst, und das zum Glück, durften wir erst essen und dann gab es den „obligatorischen“ Danksagungsmarathon. Die wichtigste Botschaft war allerdings, dass das KMT etwa 40.000€ gestiftet bekommen hat und dass der Sportminister die Schule mit Sportutensilien sowie mit dem Bau einer Sportanlage unterstützen will.
Nach den Danksagungen und den Ehrungen wurde mit einheimischer Musik traditionell gefeiert. Achja, ich habe in der Gesamtwertung den 7. Platz und in der Teamwertung lag mein Team Eurasien auf Platz 3 hinter Great Britain und der Slowakei, die auch den Gesamtsieger mit Martin Haring stellten.
18.09.2011 – 22.09.2011 Der eigentliche Organisator Kuhrram lud uns noch für ein paar Tage in sein Lakehouse ein. Einen Abend waren wir auch in Islamabad. So haben wir auch noch Land und Leute näher kennenlernen können.
Ich bin unendlich dankbar, dass ich an dieser Reise teilnehmen durfte. Vielen Dank auch an dieser Stelle wieder für all die Unterstützung, die ich ständig von meiner Familie, meinen Freunden, meinen Sponsoren (vor allem von C3) und den vielen Radsportfreunden erfahre. Ohne dieses Interesse und ohne diese Unterstützung würden all solche Erlebnisse nur halb so viel Wert sein. Vielen Dank!
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